Aus Kapitel 1

»Unter dem Druck schwerster Traumata in sehr früher Kindheit war Angelas ‚Ich’ aufgesplittert in Dutzende von Persönlichkeitsanteilen. Es waren Anteile, die selbständig handeln, denken, reden konnten. Die mit unterschiedlichen Stimmlagen sprachen – mit jeweils eigenen, nicht mit verstellten Stimmen. Die eigene Handschriften, Meinungen, Geschmäcker, Aufgaben, Ziele und Gefühle hatten ... (S. 53)

Keine von Angela Lenz’ Persönlichkeiten hätte die gesamte Gewalt ertragen können, die man ihrem Körper und ihrer Seele angetan hatte. Jede hatte gerade eben so viel mitgemacht, wie sie durchstehen konnte. Dann war sie wieder verschwunden, in irgendeiner geheimen Nische von Angelas Seele. Und eine andere war an ihre Stelle getreten, hatte das nächste Stück Horror mitgemacht und konnte sich auch später nur an eben diesen Abschnitt der Hölle erinnern. Und so war es immer weitergegangen, Angelas ganze grauenvolle Kindheit und Jugend hindurch ... (S. 55)

Wie eine lange traurige, stumme Menschenkette kamen ihrer Therapeutin Nina die Persönlichkeiten von Angela manchmal vor. Wesen, die eines nach dem anderen, gebeugt, ergeben und hoffnungslos in das Inferno marschiert waren.« ... (S. 56)


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